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Der Schweizer HTA-Bericht über Homöopathie

Das Schweizer Bundesamt für Gesundheit hat einen „Health Technology Assessment (HTA)“-Bericht [Gesundheitstechnologiebewertung]1 in Auftrag gegeben, um fundierte Entscheidungen darüber treffen zu können, ob die Homöopathie weiterhin in die Liste der Dienstleistungen eingebunden werden soll, die von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.

Nach Ansicht der Autoren „untermauert ihr Bericht, dass die Homöopathie eine wertvolle Ergänzung zur schulmedizinischen Versorgung ist“ – einen Status, den sie seit langer Zeit in der praktischen Gesundheitsversorgung innehat.

Ein Zitat aus der offiziellen Schlussfolgerung des Berichts:

Es liegen ausreichende Nachweise für die präklinische Effektivität und klinische Wirksamkeit der Homöopathie sowie für ihre Sicherheit und Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu schulmedizinischen Behandlungen vor.“

Einen kurzen Überblick über den Schweizer Bericht verschafft Ihnen der HRI-Forschungsartikel aus dem Frühjahr 2012.

Ergebnisse des Schweizer Berichts

  • Nachweise aus Laboruntersuchungen und klinischen Studien zeigen, dass die Homöopathie wirksam und in der Weise, wie sie in der Schweiz praktiziert wird, kostengünstig und sicher ist.
  • 20 von 22 systematischen Übersichtsarbeiten zu klinischen Studien zeigten eine positive Tendenz der Nachweise zugunsten der Homöopathie.
  • Die eindeutigsten Belege für die Wirksamkeit wurden bei Infektionen der oberen Atemwege sowie bei allergischen Reaktionen gefunden. Es wurden 29 Studien identifiziert, darunter 24 mit positiven Ergebnissen.
  • Der Bericht diskreditiert die 2005 in The Lancet veröffentlichte Metaanalyse von Shang et al.2 (die einzige umfassende systematische Übersichtsarbeit, die jemals zu dem Schluss gekommen ist, dass die Homöopathie nicht besser wirke als ein Placebo). Laut der Autoren des Schweizer Berichts: „…können wir mit Sicherheit sagen, dass die Studie von Shang et al. von 2005 nicht beweist, dass die Homöopathie keine Wirkung hat“.

Die wichtigsten Fakten des Schweizer Berichts

  • Die HTA ist eine anerkannte Forschungsmethode, um die tatsächliche Wirksamkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit von Behandlungen zu bewerten, beispielsweise für den National Health Service (NHS) Großbritanniens.
  • Der Bericht wurde vom Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) in Auftrag gegeben.
  • Der Bericht fasst die Ergebnisse einer sich über sieben Jahre erstreckenden Prüfung der Datenlage zur Homöopathie zusammen und wurde als Teil des breiteren „Programm Evaluation Komplementärmedizin“ (PEK) durchgeführt.
  • 2006 – Eine kurze Zusammenfassung des Berichts3 mit der Schlussfolgerung, dass die Homöopathie klinisch wirksam und sicher ist, wird in deutscher Sprache in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht.
  • 2009 – Eine Volksabstimmung in der Schweiz unterstützt die Aufnahme der Homöopathie und anderer komplementär- und alternativmedizinischer Verfahren in die Liste der Behandlungen, die von den Schweizer Krankenkassen abgedeckt werden. 67 % der Bevölkerung stimmten für die Aufnahme.
  • 2011 – Die als Buch veröffentlichte englische Übersetzung des vollständigen HTA-Berichts1 sorgt dafür, dass die Befürwortung der Homöopathie durch den Bericht in einem breiteren Rahmen bekannt wird1.
  • 2011Die Schweizer Regierung beschließt, dass homöopathische Behandlungen ab 2012 bis Ende 2017 von der gesetzlichen Krankenpflegeversicherung im Rahmen eines befristeten wissenschaftlichen Evaluierungsplans abgedeckt werden. Damit soll ermittelt werden, ob dies dauerhaft in der gesetzlichen Grundversicherung verankert werden sollte.
  • 2017 Die Schweizer Regierung beschließt, dass komplementärmedizinische ärztliche Leistungen einschließlich der Homöopathie von 1. August 2017 an dauerhaft von der gesetzlichen Krankenpflegeversicherung übernommen werden.

Kontroverse um den Schweizer Bericht

Die äußerst positiven Schlussfolgerungen des Schweizer HTA-Berichts lösten in akademischen Kreisen eine Kontroverse aus, die bis hin zur Veröffentlichung des Vorwurfs von wissenschaftlichem Fehlverhalten reichte4 – eine schwere Anschuldigung, gegen die sich die Autoren direkt in einem Antwortartikel verteidigten.5

Was ist eine Health Technology Assessment (HTA)?

HTAs stellen Informationen zur Verfügung, die für Entscheidungsträger von direkter Relevanz sind. Für das britische National Institute of Health Research (NIHR) bilden sie den Grundstein der Strategie, nach der die tatsächliche Wirksamkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit von therapeutischen Interventionen für den NHS bewertet werden.

Die Frage „Wirkt diese Behandlung unter künstlichen Testbedingungen?“ ist Gegenstand vieler unterschiedlicher Arten von Forschungsarbeiten, darunter randomisierte kontrollierte Studien, systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen. Im Gegensatz dazu stellen HTAs viel umfassendere Fragen wie: „Wirkt diese Behandlung im Praxis- und Klinikalltag?“ „Wie wird sie angewendet?“ „Ist sie sicher?“ und „Ist sie kostengünstig?“

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ReferenzenWeniger

1. Homeopathy in Healthcare: Effectiveness, Appropriateness, Safety, Costs by Gudrun Bornhöft and Peter F. Matthiessen (Editors). 2011. ISBN 978-3-642-20637-5. | Volltext

2. Shang A, Huwiler-Muntener K, Nartey L, et al. Are the clinical effects of homeopathy placebo effects? Comparative study of placebo-controlled trials of homeopathy and allopathy. Lancet, 2005; 366: 726–732 | Kurzfassung

3. Bornhöft G, Wolf U, von Ammon K, Righetti M, Maxion-Bergemann S, Baumgartner S, Thurneysen AE, Matthiessen PF. Effectiveness, safety and cost-effectiveness of homeopathy in general practice – summarized health technology assessment. Forsch Komplementmed., 2006;13(Suppl 2):19-29 | Kurzfassung

4. Shaw DM. The Swiss report on homeopathy: a case study of research misconduct. Swiss Med Wkly, 2012; 31:142 | Kurzfassung | Volltext

5. von Ammon K, Bornhöft G, Maxion-Bergemann S, Righetti M, Baumgartner S, Thurneysen A, Wolf U, Matthiessen PF. Familiarity, objectivity and misconduct. Counterstatement to Shaw DM. The Swiss Report on homoeopathy: a case study of research misconduct. Swiss Med Wkly 2012; 31: 142. Swiss Med Wkly, 2013; 17:143 | Kurzfassung | Volltext

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